Ein Jahr später, am 27. Oktober 2016, wiederholten OB Steppberger und Herr Puchtler in einer Sondersitzung des Stadtrats ihr kategorisches Nein zu WB und beriefen sich dabei auf Empfehlungen des Bayerischen Städte- und Gemeindetags und „klare Positionierungen“ der kommunalen Spitzenverbände (EK, Nr. 251, S. 25). In der Sitzung des Hauptausschusses vom November 2016 bekamen OB Steppberger, Herr Puchtler und Herr Rehm ein weiteres Mal Gelegenheit, ihre Meinung zu WB vorzutragen (EK, Nr. 262, S. 25). Am 25. Januar 2017 sollte dann Verwaltungsrichter Wiens in einer Bürgerversammlung über Straßenausbaubeiträge referieren. Da er üblicherweise Bürgermeister und Kommunalbeamte unterrichtet, verwunderte es nicht sonderlich, dass seine Ausführungen letztlich auf eine Warnung vor WB hinausliefen (EK, Nr. 22, S. 21).

Am 16. Mai kam dann endlich mit Baudirektor Maas aus Pirmasens ein Praktiker zu Wort, der über eigene langjährige Erfahrungen mit WB verfügt (EK, Nr. 114, S. 22). Da erwiesen sich dann die in Eichstätt verschiedentlich geäußerten Befürchtungen – WB könnten die Verwaltung überfordern, bei den Bürgern Begehrlichkeiten wecken, niedrige Ausbaustandards bewirken, eine Flut von Klagen nach sich ziehen und zu bürgerlichem Unfrieden führen – allesamt als unbegründet. Die mit WB verbundenen großen Entlastungen für die Bürger resultieren nicht, wie ebenfalls behauptet, aus einer Milchmädchenrechnung, sind kein Märchen, sondern Wirklichkeit.

Die Veranstaltungsregie hatte es so eingerichtet, dass unmittelbar nach Baudirektor Maas gleich zwei Vertreter des Bayerischen Städtetags Gelegenheit bekamen, dessen sattsam bekannte Ablehnung der WB zu begründen. Zu guter Letzt ergriff an diesem Abend noch Herr Puchtler das Wort. Dass er, der in der Vergangenheit in WB ein bedrohliches Monstrum gesehen hatte, nun dennoch bemüht war, ein diskussionswürdiges Modell für deren Einführung vorzulegen, verdient Respekt. Verständlich ist aber auch, dass sich dieses von ihm erstellte Modell durchaus noch verbesserungsfähig zeigt. Doch selbst das Provisorium lässt erkennen, dass es für die Bürger zu erheblichen Erleichterungen kommen würde.

Zieht man aus vorstehendem Rückblick ein Resümee, ergibt sich Folgendes:

1. Während der Befürwortung der WB (durch Baudirektor Maas) rund 30 Minuten eingeräumt waren, konnte sich deren Ablehnung wiederholt und in einem Vielfachen dieser Zeit artikulieren. Sieht so eine ausgewogene, ergebnisoffene Debatte aus? Zugleich wurde die Bevölkerung durch haltlose Mutmaßungen und irreführende Behauptungen verunsichert, sodass am Ende nicht wenige glaubten, man müsse bei WB Jahr für Jahr zahlen und in der Summe dann sogar mehr als bei der Einmalzahlung.

2. Die maßgeblichen Gegner der WB sitzen in den kommunalen Verbänden, insbesondere beim Bayerischen Städtetag. Dort vertritt man die Interessen der Rathäuser, der Verwaltung, nicht aber die Interessen der Bürger. Demzufolge strebt man dort nach der jeweils einfachsten und bequemsten Lösung, die aber keinesfalls auch die beste sein muss.

Nicht nur Pirmasens, sondern Hunderte von Gemeinden – kleinere, mittlere und große -, darunter natürlich auch solche, die durchaus mit Eichstätt vergleichbar sind, arbeiten seit Jahren erfolgreich mit WB. Wie überaus zufrieden diese Gemeinden damit sind, dokumentieren repräsentative Umfragen, deren Ergebnis sich problemlos beim Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz abfragen lässt.

Noch ein Wort zu Wettstetten: Dort votierte der Gemeinderat trotz entschiedener Ablehnung durch den Bürgermeister mit 10 zu 7 Stimmen für die Einführung WB. Diesen korrekt gefassten Beschluss brachte eine Bürgerinitiative am 26. März 2017 mittels Bürgerentscheid zu Fall. Für Eichstätt sollte dieses fälschlich als basisdemokratisch apostrophierte Verfahren wahrhaftig kein Vorbild sein.

Denn dabei hatte eine Vielzahl von Leuten, die selbst niemals einen Beitrag leisten müssen, darüber zu entscheiden, wie und in welcher Höhe die Minderzahl anderer, der Grundstücksbesitzer nämlich, ihre Beiträge zu entrichten haben. Geht es eigentlich noch unsinniger? Davon abgesehen widerspricht ein solcher Bürgerentscheid dem Art. 18a (3) unserer Gemeindeordnung und dürfte einer verwaltungsgerichtlichen Überprüfung kaum standhalten.

In Eichstätt müssen nun die Stadträte entscheiden und so der ihnen von den Bürgern übertragenen Verantwortung gerecht werden.

Wer sich mit der Sachlage hinlänglich vertraut gemacht hat, dem sollte die Entscheidung für das Richtige nicht schwerfallen. Es geht darum, die Beitragsbelastung sozialverträglich zu gestalten, den Bürgern Mittel und Freiraum für Eigeninitiative zu lassen, die Solidargemeinschaft zu stärken und ein wenig Gerechtigkeit in ein ohnehin ungerechtes System zu bringen. Dazu muss man hier nicht das Rad neu erfinden; Hunderte von Gemeinden haben es längst vorgemacht; was dort gelungen ist, sollte auch in Eichstätt zu schaffen sein.

Hans-Jürgen Tschiedel, Eichstätt

Quelle: Eichstätter Kurier, 28.06.2017